Vogliamo Tutto auf dem „Gegenform“-Kongress??!!
Ja, wir wollten auf einem Podium zum Thema „Linksradikale Kritik in der Krise“ beim „Kongress gegen autoritäre Formierung“ sprechen. Nachdem uns einige Nachfragen und Kritik erreicht haben, haben wir uns mittlerweile entschieden, abzusagen. Allerdings nicht, weil uns die Argumente der Kritiker:innen überzeugt hätten. Irritationen darüber, ob wir uns etwa im antideutschen Spektrum verorten würden, können wir angesichts des Kongressprogramms durchaus nachvollziehen.
Dazu möchten wir sagen: Wir lehnen die Auffassung der Organisator:innen und vieler Referent:innen zum Nahostkonflikt ab, und auch darüber hinaus haben wir in vielen anderen Fragen weit tragenden Dissens. Entsprechend waren wir auch überrascht über die Einladung. Wir hatten uns ursprünglich für eine Zusage entschieden, weil wir das Podium als Chance sahen, einen Versuch von Überzeugungsarbeit für eine klassenpolitisch orientierte Praxis zu machen. Dass wir einen solchen Versuch nicht für zum Scheitern verurteilt halten, liegt daran, dass wir davon ausgehen, dass das Spektrum an Teilnehmer:innen breiter ist, als manche wohl annehmen, und es darunter eine Reihe von Leuten geben wird, mit denen eine Diskussion lohnt und die vielleicht offen für die praktische Perspektive sind, die wir auf dem Podium stark machen wollten. Wir verstehen aber, dass man bezüglich einer Beteiligung zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen kann.
Neben solidarischen Nachfragen nach unseren Motiven, auf dem Kongress zu sprechen, haben wir teilweise Kritik in einer Schärfe bekommen, die uns erst einmal überwältigt hat. Ein wichtiger Grund für unsere Absage sind Befürchtungen, dass unsere Teilnahme die Art und Weise beeinträchtigen könnte, wie wir auch über den Kontext von Vogliamo Tutto hinaus mit anderen Gruppen zusammenarbeiten können. Solche (möglichen) Auswirkungen scheinen uns Ausdruck eines dysfunktionalen Umgangs mit Dissens in der Linken zu sein. Wir wollen uns demnächst in einem Text ausführlicher dazu äußern. Wir sind unzufrieden damit, dass wir mit unserer Absage selber zu dieser Dysfunktionalität beitragen, aber für den Moment hat überwogen, dass wir in der Kürze der Zeit keine umfassende Einschätzung der Folgen treffen konnten.
Wir unterstützen die Entscheidung der Gruppe La Banda Vaga, die derselben Kritik wie wir ausgesetzt war, an ihrer Beteiligung am Kongress festzuhalten.
Über Uns
Wir sind ein kleiner politischer Zusammenhang von Leuten, die eine revolutionäre und antiautoritäre Positionierung verbindet. Wir verstehen uns nicht als klassische “linksradikale Gruppe”, sondern eher als eine “Gruppe auf Widerruf”, die hoffentlich Teil einer übergreifenden Organisierung werden kann. Wir sehen uns als Teil der aktuellen Bewegung, die die Fokussierung der radikalen Linken auf Kampagnen-, Szene- und Eventpolitik überwinden will. Innerhalb dieser Bewegung wollen wir hauptsächlich Kommunikations-, Bildungs- und Theoriearbeit machen, bei der es um widerständige Praxis geht.
Der Schwerpunkt unserer Arbeit lag bislang auf Basisorganisierung im Stadtteil. Hierzu haben wir fünf Initiativen aus verschiedenen Städten zu ihren Praxiserfahrungen und ihren strategischen Überlegungen interviewt. Im April 2022 ist der Interviewband „Revolutionäre Stadtteilarbeit“ im Unrast-Verlag erschienen, über den ihr euch hier informieren und den ihr hier herunterladen könnt.